Anhörung am EuGH: Breite Unterstützung für Bereichsausnahme im Rettungsdienst

Am 5. September 2018 fand in Luxemburg die mündliche Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof statt, bei der die Plädoyers zur Vergabe des Rettungsdienstes in der Stadt Solingen vorgetragen wurden.

Die Stadt Solingen hatte Notfallrettung und qualifizierten Krankentransport in einem eingeschränkten Auswahlverfahren unter Anwendung der EU-Bereichsausnahme anstelle einer europaweiten Ausschreibung durchgeführt und dabei private Rettungsdienste an diesem Verfahren nicht beteiligt. Dabei vergab Solingen seine Rettungsdienstleistungen an zwei Hilfsorganisationen: im Los 1 an den ASB und im Los 2 an das DRK. Geklagt hatte der private Anbieter Falck Rettungsdienste GmbH, der die Gültigkeit der Bereichsausnahme für den Rettungsdienst und somit das Solinger Auswahlverfahren infrage stellt.

 

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Neun Plädoyers, acht pro Bereichsausnahme

Bei der Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof wurden neun Plädoyers vorgetragen, acht davon sprachen sich für die umfassende Anwendbarkeit der Bereichsausnahme auch in NRW aus. Dazu gehörten insbesondere auch die Gutachten der Bundesregierung, der Europäischen Kommission sowie die Gutachten der Hilfsorganisationen, vertreten vom ASB, dem Malteser Hilfsdienst und dem Deutschen Roten Kreuz. Einzig der Kläger zweifelte die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme im Solinger Vergabeverfahren an. Zudem wurde deutlich für die Anwendbarkeit der Bereichsausnahme auch für den Qualifizierten Krankentransport als unverzichtbarer Teil der Gefahrenabwehr plädiert.

Verzahnung von Rettungsdienst und Katastrophenschutz

„Alle Ausführungen hoben hervor, wie wichtig die Verzahnung von Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz als Grundlage für die Gefahrenabwehr ist“, resümierte Anne Paweldyk, Geschäftsführerin des ASB RV Bergisch Land e.V. nach der Anhörung. „Die Vertreter der Prozessbeteiligten wiesen darauf hin, dass insbesondere die anerkannten Hilfsorganisationen für eine solche Verzahnung sorgen können und kamen zu dem Schluss, dass die Bereichsausnahme für den Rettungsdienst grundsätzlich auch für das Solinger Vergabeverfahren Gültigkeit hat.“

Der ASB-Landesverband NRW sowie der ASB RV Bergisch Land e.V., in dessen Einsatzgebiet die Stadt Solingen liegt, zeigten sich daher zuversichtlich, dass die Ausschreibung und Vergabe in Solingen Bestand haben werden. „Ein entsprechendes Urteil wäre gut für die Planungen im Bevölkerungsschutz, böte aber auch Rechtssicherheit für die zukünftigen Vergabeverfahren in den Kommunen“, so ASB-Landesgeschäftsführer Dr. Stefan Sandbrink.

Wie geht es weiter?

Am 14. November 2018 wird nun der Generalanwalt seine Beschlussanträge stellen, das Urteil wird dann für das Frühjahr 2019 erwartet.

Hintergrund:

Nach §107 Abs. 1 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) sind die Regelungen des vierten Teils über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen in bestimmten gesetzlichen Fällen nicht anzuwenden; sie sind also vom Bereich der Vergabe ausgenommen – deswegen der Begriff Bereichsausnahme.

Zu diesen gesetzlichen Fällen zählen nach §107 Abs. 1 Nr. 4 GWB Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden.