Etappensieg für ASB bei der Vergabe von Rettungsdienstleistungen

Am 14. November 2018 hat der Generalanwalt beim EuGH seine Schlussanträge in der Rechtssache „Vergabe von Rettungsdienstleistungen” vorgetragen.

Der Generalanwalt Manuel Campos Sanchez-Bordona folgt in seinen Schlussanträgen der vom ASB NRW e.V., vertreten durch die Kanzlei Rödl & Partner, und den anderen anerkannten Hilfsorganisationen gemeinsam vertretenen Rechtsauffassung und bestätigt diese grundsätzlich. Das Urteil wird im 1. Quartal 2019 erwartet.

 

NRW

 

Zum Hintergrund des Verfahrens: Im März 2016 beschloss die Stadt Solingen, die kommunalen Rettungsdienst­leis­tungen für die Dauer von fünf Jahren neu zu vergeben. Statt einer Veröffentlichung der Vergabe des Auftrags forderte sie lediglich vier Hilfsorganisationen zur Angebotsabgabe auf. Letztlich erhielten zwei von ihnen – darunter ein Regionalverband des Mandanten – den Zuschlag für je eines der Lose, in die sich der Auftrag aufteilte. Zwei Rettungs- und Krankendienstunternehmen, rügten bei der Vergabekammer Rheinland, dass die Auftragsvergabe in einem unionsrechtskonformen öffentlichen Verfahren hätte erfolgen müssen.

Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag, im anschließenden Beschwerdeverfahren rief das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Vorabentscheidungsersuchen den EuGH an: Dieser soll klären, ob bestimmte Rettungsdienstleistungen vergabepflichtig sind. Denn nach Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU2 besteht eine Bereichsausnahme für öffentliche Aufträge, die bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr zum Gegenstand haben. Nun soll geklärt werden, ob diese Ausnahme den „Einsatz von Krankenwagen” betrifft und wie die Worte „gemeinnützige Organisation oder Vereinigung” auszulegen sind.

Der Generalanwalt hat die Vorlagefragen im Wesentlichen zu Gunsten der Hilfsorganisationen beantwortet. Insbesondere hat er zur Frage Stellung genommen, wie zwischen einem Einsatz eines Krankenwagens im Notfall und der reinen Patientenbeförderung im Krankenwagen unterschieden werden kann. Nach der Auffassung des Generalanwalts greift im Ergebnis sowohl bei

• der Vergabe von Notfallrettungsdienstleistungen,
• als auch bei der Vergabe vom sog. „qualifizierten” Krankentransport an gemeinnützige Hilfsorganisationen

die Bereichsausnahme § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Eine Ausschreibungspflicht besteht danach nicht.

Darüber hinaus hat der Generalanwalt zum Begriff der gemeinnützigen Organisation im Kontext der Richtlinie erklärt, dass es bei der Bestimmung einer Organisation als gemeinnützig nicht zwingend darauf ankomme, dass eine Organisationsstruktur auf Freiwilligentätigkeit beruhe. Vielmehr komme es darauf an, dass die die Leistungen erbringenden Einrichtungen tatsächlich keinen Erwerbszweck verfolgen und dass sie etwaige umständehalber – also ohne Gewinnstreben – erzielte Gewinne der Erfüllung ihrer sozialen Aufgabe widmen. Die strengen nationalen steuerrechtlichen Anforderungen an die Gemeinnützigkeit entsprechen inhaltlich den Anforderungen an den europarechtlichen Gemeinnützigkeitsbegriff, sodass nach dem deutschen Steuerrecht als gemeinnützig anerkannte Institutionen auch als gemeinnützig im Sinne der EG-Richtline zu sehen sind.

„Wir freuen uns für unseren Mandanten, dass der Generalanwalt unseren Argumenten in seinen Schlussanträgen gefolgt ist und damit gleichzeitig die gemeinsam vertretene Rechtsauffassung der anderen anerkannten Hilfsorganisationen grundsätzlich bestätigt hat. Wir gehen aufgrund unserer Erfahrung davon aus, dass sich der EuGH den Anträgen anschließen wird”, so Rechtsanwalt Norman Lenger, LL.M.
Textquelle: Pressemitteilung von Rödl & Partner; Abbildung: ASB Archiv