„NRW muss investieren“

Bündnis fordert Investitionsoffensive für starke öffentliche Infrastruktur in NRW

 

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Hier die gemeinsame Presseerklärung der Bündnispartner:

Am heutigen Donnerstagvormittag (12. Juni 2025) hat in Düsseldorf ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis aus ver.di, dem Aktionsbündnis für die Würde unserer Städte, dem Arbeiter-Samariter-Bund NRW, der Arbeiterwohlfahrt NRW, der Diakonie RWL, dem Paritätischen NRW sowie dem SoVD eine Investitionsoffensive zum Erhalt der Daseinsvorsorge in NRW vorgestellt. Gemeinsam fordern die Beteiligten die Politik auf, über die kommenden zehn Jahre 156 Milliarden Euro zu investieren, Kommunen durch eine nachhaltige Entschuldung zu entlasten und somit die Gesellschaft sowie die in Gefahr geratene Demokratie zu stärken. Dafür müsse auch die Schuldenbremse reformiert werden.

Gabriele Schmidt, Landesbezirksleiterin, ver.di NRW: „Deutschland investiert im EU-Vergleich am wenigsten in die öffentliche Infrastruktur – Nordrhein-Westfalen bildet da keine Ausnahme. Ob Bildung, Sozialarbeit, Nahverkehr oder Gesundheitsversorgung: Es fehlt an Geld und Personal. Die Folgen spüren Kommunen, soziale Träger und die Bevölkerung täglich. Diese Vernachlässigung öffnet Frustration und extremen Parteien Tür und Tor. Es braucht endlich eine Kehrtwende und tragfähige Konzepte für eine verlässliche Finanzierung von Kommunen und sozialen Einrichtungen.“

Martin Murrack, Aktionsbündnis für die Würde unserer Städte: „Die Bürgerinnen und Bürger erleben Staat zuerst und vor allem in ihrer Kommune. Es ist entscheidend, dass sie ihn dort als handlungsfähig erleben. Dafür brauchen Städte und Gemeinden dauerhaft eine angemessene Finanzausstattung.“

Lisa-Kristin Kapteinat, Landesvorsitzende des Arbeiter-Samariter-Bunds NRW: „Niemand soll durchs Raster fallen – nicht das kranke Kind, nicht die alleinerziehende Mutter, nicht der ältere Nachbar. Als ASB NRW stehen wir für Solidarität und Teilhabe – und deshalb für eine Daseinsvorsorge, die für alle da ist.“

Michael Rosellen, Landesarbeitsgemeinschaft der Arbeiterwohlfahrt NRW: „Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene gefährden Sparhaushalte unsere soziale Infrastruktur. Wer unsere Zukunft jedoch gestalten will, muss zukunftsorientiert investieren. Darum unterstützt die AWO NRW das Bündnis „NRW muss investieren“.

Kirsten Schwenke, Vorständin der Diakonie RWL: „Damit die Kitas, Schulen und Krankenhäuser in NRW funktionieren, muss das Land mehr investieren. Eine intakte soziale Infrastruktur ist essenziell für den Zusammenhalt in NRW und nicht zuletzt für die Stabilität unserer Demokratie. Mit dem Bündnis „NRW muss investieren“ setzen wir uns dafür ein, dass das Sondervermögen des Bundes den Menschen in NRW zugutekommt."

Christian Woltering, Vorstand der Paritätische NRW: „Es ist höchste Zeit für entschlossene politische Antworten auf jahrzehntelange Unterfinanzierung! Eine starke öffentliche Daseinsvorsorge ist das Fundament für Zusammenhalt, Teilhabe und Gerechtigkeit. Wer eine zukunftsfähige und solidarische Gesellschaft will, muss in die soziale Infrastruktur investieren.“

 

Hier die konkreten Forderungen des Bündnisses:

Kein Land investiert bisher im EU-Vergleich so wenig in seine öffentliche Infrastruktur wie Deutschland. Auch Nordrhein-Westfalen bildet da keine Ausnahme. Ob in der Sozialarbeit, im Bildungsbereich, im öffentlichen Personenverkehr, in der Gesundheitsversorgung oder anderen Bereichen der Daseinsvorsorge – überall fehlt es an ausreichender Finanzierung und Investitionen in die Infrastruktur. Es geht um nichts Geringeres als die Chancengleichheit und Teilhabe aller Menschen in unserer Gesellschaft. Das Land Nordrhein-Westfalen kann und muss deutlich mehr investieren, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein. Das Sondervermögen nach Artikel 143h Grundgesetz mit einem Investitionsvolumen i. H. v. 500 Milliarden Euro kann die Grundlage für die Zukunft von NRW sein.

Eine ausreichend finanzierte und gesicherte öffentliche Daseinsvorsorge ist und bleibt aus unserer Sicht essenziell für den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt und nicht zuletzt für die Stabilität unserer Demokratie. Deshalb ist die Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse (Art. 109 & 115 GG) berechtigt.

Die Kommunen und Träger sozialer Einrichtungen stehen bei notwendigen Investitionen vor riesigen Herausforderungen wie Klimaschutz, Modernisierung, Digitalisierung, Infrastruktur, Gesundheitswesen, sozialer Wohnungsbau, Bildung, sowie der Gewinnung von dringend benötigten Fachkräften. Die Finanzsituation vieler nordrhein-westfälischer Kommunen ist allerdings schon seit Jahren dramatisch schlecht. Auch die Angebote, Einrichtungen und Dienstleistungen der sozialen, gemeinnützigen Träger werden nicht ausreichend finanziert. Die Ursachen: Bei stetig steigenden Sozialausgaben, bedingt durch neue Aufgaben, waren bisher keine politischen Konzepte zur verlässlichen und ausreichenden Finanzierung und Stärkung der Kommunen und Träger sozialer Einrichtungen erkennbar.

Allein für die Bereiche Klima, Infrastruktur, Wohnen, Gesundheitswesen und Bildung sind in den nächsten 10 Jahren öffentliche Investitionen von rund 156 Milliarden Euro notwendig, um den Anschluss an die gesamtdeutsche Entwicklung nicht weiter zu verlieren.1

Ein Blick in die Teilbereiche offenbart die zwingende Handlungsnotwendigkeit:

Klimaschutz: NRW will bis 2045 klimaneutral sein – Investitionsbedarf des Landes: ca. 51,6 Milliarden. Euro.

Infrastruktur: Zum Abbau des Investitionsstaus und zum angemessenen Ausbau von Straßen, Schienen, ÖPNV und Netzen (Gas, Strom, Daten, Wasserstoff) braucht es 12,2 Milliarden Euro.

Kitas und OGS: Die von der Landesregierung angekündigten Gesetzesvorhaben zur Stärkung der Träger wurden bislang nicht realisiert. Im Kita-Bereich klafft allein für die Finanzierung der Sachkosten eine Lücke von rund 570 Millionen Euro. Im OGS-Bereich besteht beim Vergleich von Pauschale und tatsächlichen Kosten ein Defizit von 3.182,39 Euro pro Kind/Jahr. 2 Hinzu kommt der Fachkräftemangel, weswegen Betreuungsangebote eingeschränkt werden müssen.

Eine zusätzliche Belastung für die Träger im Kita-Bereich sind die daraus resultierenden und sich mehrenden Schadensersatzklagen, die sie nicht zu verantworten haben. Dem muss mit Investitionen in die Ausbildung neuer Fachkräfte schnellstmöglich entgegengewirkt werden.

Wohnungswesen: Es braucht 25.000 neue mietpreisgebundene Wohnungen pro Jahr, Tendenz steigend. Die Wohnungsbaugesellschaften realisieren diesen Bedarf nicht, deshalb benötigt das Land eine Landeswohnungsbaugesellschaft und 35,0 Milliarden Euro an Investitionen.

Gesundheit: Der Abbau der Investitionsrückstände und die Modernisierung der Krankenhäuser sowie der Ausbau von Pflegeplätzen erfordert Investitionen des Landes von mindestens 34,6 Milliarden Euro.

Bildung: Die Beseitigung der Mängel und der nötige Ausbau von Schulen, Hochschulen und Hochschulkliniken erfordert Landesinvestitionen in Höhe weiteren ca. 22,3 Milliarden Euro.

Integration: Nur durch gelingende Integration kann die Zukunft unseres Landes gestaltet und der Fachkräftemangel bekämpft werden. Das setzt voraus, dass bei Integrationsangeboten und Sprachkursen nicht gespart, sondern weiter investiert wird.

Die Landesregierung hat die Verantwortung, die vorhandenen finanzpolitischen Instrumente stärker zu nutzen. Der Steuerverbundsatz von derzeit 23% muss endlich erhöht werden. In den 1990er Jahren betrug dieser schon einmal 28%. Die Absenkung hat dazu geführt, dass die Kommunen über Jahrzehnte hinweg durch negative Haushaltsabschlüsse mit einem hohen Stand an Kassenkrediten und letztlich mehr als 24 Milliarden Euro Altschulden belastet sind. Mit der NRW.BANK und dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb verfügt NRW bereits jetzt über zwei Instrumente zur Stärkung der öffentlichen Investitionen. Weitere Investitionsgesellschaften, wie zum Beispiel eine landeseigene Wohnungsbaugesellschaft, müssten gegründet werden.

Gerade jetzt, angesichts der geplanten Entlastungen der Geberländer im Länderfinanzausgleich, müssen die Interessen Nordrhein-Westfalens in Berlin offensiver vertreten werden. Das gilt insbesondere für die Entschuldung der Kommunen. Mit dem neuen Artikel 143h Grundgesetz bietet sich die Möglichkeit, die Investitionsbedarfe annähernd zu erfüllen.

Die im Koalitionsvertrag des Bundes zugesagten Mittel zur Bekämpfung der Altschulden müssen zu einem bedeutenden Teil den Kommunen in NRW zugutekommen, als dringend notwendige Ergänzung zu der Initiative der Landesregierung, die ab 2025 beginnen soll.

Die Mittel aus dem „Infrastrukturpaket“ müssen zum großen Teil nach NRW und in die Kommunen fließen und so eingesetzt werden, dass Investitionen in die Daseinsvorsorge und Infrastrukturmaßnahmen zeitnah ankommen. Hierbei muss besonders auf die für die Daseinsvorsorge relevantesten Bereiche gesetzt werden, allen voran Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Kitas, Bildung, ÖPNV und das Wohnungswesen.

Um den Gesamtbedarf zu decken sind auch höhere Steuereinnahmen und ein gerechteres Steuersystem notwendig.

1 DGB-Studie „Investitionsnotstand in NRW beenden“
2 Positionspapier Freie Wohlfahrtspflege OGS

Für Informationen hier klicken: https://nrwmussinvestieren.de/

Ansprechpartner*in

Dr. Stefan SandbrinkLandesgeschäftsführer

Landesgeschäftsstelle
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Ute LudwigLeitung Stabsstelle Kommunikation und Medien

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